Struktur

Stockwerkbau im Regenwald

 

Die Regenwälder bestehen in ihrer Vegetation aus vertikalen Schichten, die wie ein Hochhaus aus verschiedenen Stockwerken aufgebaut sind. Diese Vegetationsschichten werden als Stockwerkbau, bzw. in der Ökologie als „Stratifikation“ bezeichnet. Da in jedem Stockwerk andere, aber in sich relativ konstante Bedingungen, haben sich in den unterschiedlichen Höhen extrem viele und spezialisierte Tier- und Pflanzenarten entwickelt. Im Waldinneren entsteht somit ein eigenes Klima. In der mittleren Baumschicht leben die meisten Tier- und Pflanzenarten des Regenwaldes und über die Hälfte der weltweiten Tier- und Pflanzenarten.

Schauen wir uns den Stockwerkbau der Tieflandregenwälder vom Boden beginnend genauer an:

 

Boden- und Krautschicht

 

Wir befinden uns im Erdgeschoss unseres Regenwaldhochhauses. Hier fällt nur ca. 1 % Licht hinein, fast das ganze Licht wird von den oberen Etagen verschluckt. Es ist dunkel und windstill bei ca. 20 bis 25 Grad Celsius. Nur wenige Pflanzenarten gedeihen hier, vorrangig Farne und Pilze. Insbesondere Insekten, wie Ameisen und Käfer sind hier aktiv, wie die Blattschneideameise. Wo noch Sonnenlicht auf den Boden gelangt, findet sich eine üppige Vegetation. Der Regenwaldboden ist besonders nährstoffarm mit einem geringen Humusgehalt. Der Boden ist nicht der wichtigste Nährstoffspeicher, so wie wir das unseren heimischen Böden kennen. Die meisten Mineralstoffe werden aus den abgestorbenen Blättern und Pflanzenteilen gewonnen, die auf den Boden fallen und durch den sofort einsetzenden Zersetzungsprozess Nährstoffe freisetzen.

 

Strauchschicht

 

Die Strauchschicht bildet den Unterwuchs und sozusagen die erste Etage unseres Regenwaldhochhauses mit Büschen, Sträuchern und Blüten. Ebenso sind hier Jungwuchs der Bäume und Klein- und Kleinstbäume zu finden. Durch das dichte Blätterdach fallen Regentropfen erst mit Verzögerung auf die Strauchschicht. Hier ist es bereits dunkel und die Temperaturen liegen bei ca. 25 Grad Celsius. Hier leben vor allem Schlangen und kleinere Nagetiere. Bewohner der oberen Stockwerke suchen hier auch nach Nahrung.

 

Kronenregion

 

Die Kronenregion bildet das Blätterdach und hält Regen und Sonnenlicht vom Waldboden ab. Die meisten Tiere halten sich in den Bäumen der Kronenregion auf, die bis zu 40 Meter hoch wachsen. Die Temperaturen liegen im Kronendach bei 30 bis 35 Grad Celsius. Hier leben Primaten, Schlagen, Echsen, Baumfrösche und eine unglaubliche Artenvielfalt an Vögeln. Ebenso sind auch viele Orchideenarten zu finden, die wiederum für den Bestand an Baumriesen eine bedeutende Rolle spielen. Unter dem Kronendach befindet sich die mittlere Baumschicht, durch den Schutz der Baumkronen herrschen hier Temperaturen von 20 bis 30 Grad Celsius.

 

Herausragende Baumriesen

 

Die Baumriesen ragen wie Türme aus dem Blätterdach und können über 60 Meter hoch werden. Daher werden sie Überständer genannt, die zu den sogenannten Emergenten zählen. Hier sind vor allem Vögel, wie Papageien und Fledermäuse heimisch. Die Sonne scheint mit voller Intensität auf die Blätter, zum Schutz sind diese oft mit einer Wachsschicht versehen. Es herrschen Temperaturen von bis zu 35 Grad Celsius. Zu den herausragenden Baumriesen zählt der Paranussbaum, der in Amazonien noch als Primärwald, also echtem Urwald vorkommt.

 

Am Beispiel des Paranussbaumes sieht man das eng verzahnte und empfindliche Geflecht der Tier- und Pflanzenwelt des Regenwaldes: Zur Entstehung der Paranuss müssen die Früchte von Bienen bestäubt werden. Diese Bienenart vermehrt sich wiederum nur, wenn die Männchen nach bestimmten Orchideen duften und somit reizvoll für die Bienenweibchen sind. Abhängigkeiten dieser Art sind im Regenwald zu Hauf zu finden, daher ist die Diversität so wichtig und wertvoll.